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Why Trump?

Auf der Suche nach Antworten

Chicago. Foto: Sonja Niemeier
Chicago. Foto: Sonja Niemeier

von Tim Luecke und Sonja Niemeier

Fotos: Sonja Niemeier

 

Erst haben wir alle gelacht. Und dann ist uns das Lachen ordentlich im Hals stecken geblieben. Am 8. November 2016 wurde Donald Trump, der Herr mit dem orangenen Gesicht und der schauerlichen Frisur, zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt. Keine Umfrage, kein Experte, keine der renommierten Medien hatte das vorhergesagt. Wie konnte es passieren, dass jemand, der bisher nur als Immobilien Tycoon und Game Show Host bekannt war, zum mächtigsten Mann der Welt gewählt wurde? Kurzum, Why Trump?

 

Die vordergründig offensichtliche Antwort ist, dass die Menschen in den USA frustriert sind und Trump aus Protest gewählt haben. Dann stellt sich aber die Frage, frustriert worüber? Wogegen wollten so viele der amerikanischen Wähler protestieren?

 

Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, haben die Fotografin Sonja Niemeier und ich uns im Sommer 2018 in einen Flieger gesetzt, sind nach Amerika geflogen und haben dort zwei Monate lang Amerikanerinnen und Amerikaner interviewt. Wir sind 10.000 Kilometer von der Ost- zur Westküste gefahren, haben mehr als 40 Interviews von durchschnittlich einer Stunde gemacht, und Sonja hat zirka 50.000 Fotos geschossen. Unser Plan ist es, diese Interviews und Fotos in einem Buch zu veröffentlichen, vor der nächsten Wahl in den USA im Herbst 2020.

 

Nun stellt sich die Frage für den aufmerksamen Leser wie dich: „Was geht mich das an als Mülheimer?“ Eine ganze Menge, wie wir glauben. Die Wahl von Donald Trump ist ein extremes Beispiel für einen Trend, der seit einigen Jahren zu beobachten ist, und zwar nicht nur in den USA, sondern in der gesamten westlichen Welt. Brexit, die Gelbwesten Bewegung in Frankreich, der Aufstieg von Rechtspopulisten in den Niederlanden; in allen westlichen Demokratien gibt es seit einigen Jahren starke Protestbewegungen und Parteien, die den etablierten Volksparteien das Leben schwer machen.

 

Stellt dieser Trend eine Bedrohung dar für die Demokratie? Nicht unbedingt. So lange sich diese Bewegungen und Parteien an die demokratischen Regeln halten, die Gesetze einhalten, nicht zur Gewalt als Mittel greifen, ist die Demokratie als solche nicht in Gefahr. Aber wir wissen alle, dass dies nicht unbedingt der Fall ist und das viele dieser Bewegungen und Parteien mehr oder weniger offen gegen unsere demokratische Ordnung und Prinzipien ins Feld ziehen. Es gibt eindeutig Elemente, zum Beispiel innerhalb der AfD, die rechtsextreme Ideen verfolgen und auch versuchen, diese tatkräftig umzusetzen. Warum, stellt sich nun die Frage, sollte man mit Leuten reden, die einen Trump oder eine AfD wählen? Weil wir es schaffen müssen, die Menschen, die solche Parteien aus Frust über bestehende Verhältnisse wählen, und nicht unbedingt, weil sie rechtsradikal oder frauenfeindlich sind, aus dem Einfluss dieser extremen und demokratiefeindlichen Elemente zu befreien. Und dazu müssen wir ihnen zuhören, sie nicht einfach ignorieren oder verteufeln, sondern versuchen sie zu verstehen. Oder wir machen es wie der Stern vor kurzem auf seiner Titelseite, auf der er Donald Trump in Hitler Pose mit amerikanischer Flagge und dem Titel „Sein Kampf“ abgebildet hat. Dann können wir diese Leute abschreiben und die Demokratie gleich mit. Wir haben versucht die Sache anders anzugehen als der Stern und das Resultat ist in vielerlei Hinsicht überraschend positiv. Mehr dazu findet ihr in unserem Buch und auf unserer Webseite: www.why-trump.com.


Foto: Sonja Niemeier
Foto: Sonja Niemeier

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