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24 h-Müllem-Gastro-Rundgang

Vom Frühstück bis zum Absacken im Mülheimer Veedel

„Chef“ Hüseyin Bayanay
„Chef“ Hüseyin Bayanay

von Uli Leikauf

Fotos: Eva Rusch

 

Die Sonne geht im Osten auf – so auch in Köln.

 

Und darum überrascht es nicht, dass auf der „Schäl Sick“ bereits ab 5.30 Uhr morgens die ersten Kölner Frühstücks-Büdchen ihre Türen öffnen. Im „Chefs Kiosk“ an der Deutz-Mülheimer Straße 203 z. B. bietet „Chef“ Hüseyin Bayanay den Frühaufstehenden und Spätheimkehrern frischen Kaffee und eine große Auswahl knackiger belegter Brötchen, die man entweder drinnen auf zu Sitzgelegenheiten umgebauten Bierkästen oder „to take away“ (1) am zwei Minuten fußläufig entfernten Rheinufer genießen kann. 

 

Auch am Wiener Platz, dem Zentrum des Veedels „Mülheim“ (2), dem dieser kleine Rundgang gewidmet sein soll, kann man schon vor bzw. zu Sonnenaufgang frühstücken, z. B. ab 5.30 Uhr in der „Boulangerie“ in der U-Bahn-Unterführung oder, deutlich geräumiger, ab 6.30 Uhr im „Le Buffet“ (Wiener Platz 2), der öffentlichen Kantine im Erdgeschoss des Mülheimer Bezirksrathauses. Helmut Zoch, Mülheimer Urgestein und Vorsitzender der Bürgervereinigung Köln-Mülheim 1951 e. V., der nicht nur das „Buffet“ betreibt, sondern auch noch den kleinen Kaffeekiosk auf dem Wiener Platz sowie einen Catering-Betrieb, taucht immer mal wieder mit einem flotten Spruch zwischen Küche und Theke auf, zur Freude seiner Gäste, darunter vielen Rathaus-Mitarbeiter*innen, aber auch manchen gut gelaunten Rentner und Rentnerinnen.

 

Danach (oder davor) bietet sich ein Einkaufsbummel am Wochenmarkt des Wiener Platzes an (Di, Do, Sa 7–14 Uhr). 

Wer etwas gemütlicher sitzen und am Tisch bedient werden möchte, hat spätestens ab 10 Uhr eine gute Auswahl. Gleich neben dem oben erwähnten „Chefs Kiosk“ kann man im „Rheinspaziert“ (Hafenstraße 16) mit etwas Glück einen Tisch mit zumindest indirektem Rheinblick ergattern (3). In der „Vreiheit“ (Wallstraße 91) und im benachbarten „Jakubowski“ (Mülheimer Freiheit 54), zwei der beliebtesten und angesagtesten Mülheimer Lokale, wo man bei schönem Wetter ebenfalls auch gerne draußen sitzt, wird großer Wert auf Bio-Produkte gelegt. 

 

Und wer gerne mal ein türkisches Frühstück probieren möchte, der ist in der Keupstraße, dem „Klein-Istanbul“ von Mülheim, an der richtigen Adresse, so z. B. im „Kilim“ (Keupstraße 69), wo man für rund 10 € einen großen reichhaltigen orientalischen Frühstücksteller inklusive Tee „to go“ bekommt (Kaffee gegen Aufpreis).

 

Die fünf letztgenannten Lokale gehen nahtlos in Angebote zum Mittagessen über. Und wer Biergartenatmosphäre schätzt, ist darüber hinaus ab 11 Uhr im „Gilden Brauhaus“ (Clevischer Ring 121) willkommen. - Unter den zahlreichen italienischen Lokalen ist das „da Enzo“ (Regentenstraße 9), mein Favorit. Doch auch im „Localino“ (Deutz-Mülheimer Straße 203) , direkt neben dem eingangs erwähnten „Chefs Kiosk“, sitzt und speist man als Liebhaber der italienischen Küche gut und kann anschließend noch einen gemütlichen Verdauungsspaziergang am Rheinufer unternehmen.

 

Mit Ausnahme von „Le Buffet“, das um 16 Uhr schließt, laden all diese Lokale auch zum Abendessen ein und bieten schmackhafte Kost zu zivilen Preisen. Und die Besucher*innen des Kölner Schauspiels, das ja während des Umbaus des Schauspielhauses die Räumlichkeiten des „Depots“ (Schanzenstraße 6-20) nutzt, können entweder direkt auf dem Depotgelände im „Purino“ und im „Offenbach am Carlsgarten“ einkehren oder in der nahe gelegenen Keupstraße, wo manche der türkischen Restaurants bis nach Mitternacht servieren und einige davon mittlerweile auch alkoholische Getränke auf ihrer Karte haben, so z. B. das „Asmali Konak“ (Keupstaße 44-46).  



Biergarten am Kulturbunker Köln-Mülheim mit neuer Pächterin, dem Toré.
Biergarten am Kulturbunker Köln-Mülheim mit neuer Pächterin, dem Toré.
Beliebtes Café: Die Boulangerie in der Wiener Platz Unterführung.
Beliebtes Café: Die Boulangerie in der Wiener Platz Unterführung.
Das LIMES mit Turnschuh an der Wallstraße.
Das LIMES mit Turnschuh an der Wallstraße.


Liebhaber*innen von (hochpreisigen) Spitzenrestaurants werden allerdings in Mülheim derzeit eher nicht fündig. Ob das Fischrestaurant „Scampino“ (Deutz-Mülheimer Straße 199) oder der „Lokschuppen“ (Hafenstraße 7) noch dazu zu zählen ist, darüber streiten sich die Geister. Das einst hochgepriesene „Willomitzer“ (Mülheimer Freiheit 2-4) hat mittlerweile geschlossen, dem Nachfolgelokal „Frizzantino“, geführt von Carlo, Sohn des Kochs und Betreibers des oben genannten „da Enzo“, wünschen wir viel Erfolg. Endlich hat es geöffnet und die Speisekarte macht neugierig auf italienisch-mediterrane Speisen. In die Kategorie der hochpreisigen Spitzenlokale wird es aber vermutlich nicht einzuordnen sein.

 

Am ganz anderen, unteren Ende der Preis-Skala möchte ich einen kleinen Geheim-Tipp geben: „Bei Bruno“ (Lohmühlenstraße 20) erhält man nicht nur frisch gezapftes Früh-Kölsch, sondern auch ein täglich wechselndes üppiges Abendgericht mit Salatteller für meist deutlich unter zehn Euro. Gurdial Singh, der liebenswürdige, aus Indien stammende Inhaber, stört sich nicht daran, dass seine Gäste ihn gewohnheitsmäßig mit „Bruno“ ansprechen und legt wunderbar altmodische Oldies auf. Karnevals-Dekoration und Spielautomat ergänzen das bodenständig-gemütliche Flair dieser ur-kölschen Kneipe, der eine größere Kundschaft zu wünschen wäre. Gleiches trifft auch auf das „Toré“ im Kulturbunker (Berliner Straße 20) zu, dessen Reiz nicht nur in seiner alternativ-multikulturellen Ausstrahlung besteht, sondern auch in der Kombination mit dem breit gefächerten Veranstaltungsangebot des Kulturbunkers.

 

Nachtaktiven Kneipengängern bietet das Mülheimer Viertel, das sich dank seiner vergleichsweise noch moderaten Mietpreise gerade bei Studierenden einer steigenden Beliebtheit erfreut, eine breite Auswahl. Wer in der Vreiheit oder im Jakubowski keinen Platz mehr findet, dem sei z. B. das „Sakleti“ (Formesstraße 2) empfohlen, bekannt für seine reichhaltige Cocktail-Auswahl (mit sehr großzügiger „Happy-Hour“- Regelung) und seine Live Übertragungen von Fußballspielen. – Oder das „Reissdorf Fass“ (Mülheimer Freiheit 152), deren liebenswürdige Wirtin Moni mittlerweile eine Mülheimer Institution ist (auch wenn sie unüberhörbar aus dem Saarland stammt und stolz darauf ist).

 

Eine ebenfalls nicht typische Kölner Kneipe ist das nebenan gelegene exotisch-urige „Limes“ (Mülheimer Freiheit 150), Treffpunkt der Fans des Fußball-Zweitligisten FC Sankt Pauli. Doch auch Anhänger*innen des FC Köln wie mir, die kein schwarzes St. Pauli T-Shirt mit Totenkopf tragen, wird toleranter weise Einlass gewährt. Gerne kann man sich dann am hauseigenen Kicker an einem Duell zwischen FC Köln und FC St. Pauli Fans beteiligen. Ein Glas Kölsch bekommt man allerdings nur auf besondere Nachfrage, ansonsten hat man unverhofft eine Flasche Astra-Bier in der Hand … Das Schöne für seine – meist jungen – Besucher*innen ist, dass das Limes in Punkto Schließzeiten – diplomatisch ausgedrückt – manchmal sehr flexibel ist. Manche seiner Besucher*innen könnten dann schon fast wieder Richtung „Chefs Bistro“ oder „Wiener Platz“ wanken, um dort bei Kaffee und frischen Brötchen einen Frühstücks- oder Ausnüchterungsversuch zu unternehmen … und damit schließt sich der Mülheimer 24 Stunden-Kreis.



(1) Eine befreundete Anglistin wies mich kürzlich darauf hin, dass Speisen und Getränke zum Mitnehmen im Englischen als „to take away“ bezeichnet werden. Die im deutschen Sprachgebrauch weit verbreitete, aber falsch verwendete Bezeichnung „to go“ meint dagegen ursprünglich, dass man sich den Kaffee gratis nachgießen darf… !

 

(2) Dieser Rundgang beschränkt sich auf das Stadtviertel Mülheim, dem mit 43.000 Einwohner*innen bevölkerungsreichsten der neun Stadtviertel des Stadtbezirks 9 Köln-Mülheim. Dieser ist wiederum mit 150.000 Einwohner*innen der bevölkerungsreichste der neun Stadtbezirke Kölns (1,086 Millionen Ew).

 

(3) Leider klafft ja zwischen den Deutzer Rheinterrassen und der Leverkusener „Wacht am Rhein“ Mülheim immer noch eine über zehn Kilometer große Lücke ohne eine einzige Einkehrmöglichkeit direkt am Fluss! Die beliebte „Sandburg“ unterhalb der „Mülheimer Katzenbuckelbrücke“ schloss vor einigen Jahre. Wir hoffen sehr, dass vielleicht bei der Neugestaltung des Industriegeländes Mülheim-Süd wieder Lokale in „erster Rhein-Reihe“ entstehen.

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Kommentare: 1
  • #1

    Jen (Montag, 12 September 2022 11:30)

    Ihr habt vergessen, dass es beim Limes sonntags den besten (auch veganen) Kuchen von 13-17h und meist auch ein äußerst leckeres Mittagsgericht gibt. Das Limes auf Fußball und Astra zu verkürzen ist auch weit gefehlt. Limes ist Lebensgefühl. Und ob euch die Schließzeiten passen ist uns Studenten wirklich wumpe. ;) Viva Mülheimia!