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Bauen im Klimawandel

Bauboom in Mülheim

Auf der industriehistorisch bedeutsamen Deutz-Mülheimer Straße befindet sich  das Baugebiet „Cologneo“ links und die sanierte Stegerwaldsiedlung rechts von der Straße. Foto: Eva Rusch
Auf der industriehistorisch bedeutsamen Deutz-Mülheimer Straße befindet sich das Baugebiet „Cologneo“ links und die sanierte Stegerwaldsiedlung rechts von der Straße. Foto: Eva Rusch

Vision vom C02 armen Wohnen

Smart City Cologne in der Stegerwaldsiedlung

von Judith Tausendfreund

 

Das Thema Klimaschutz ist bei vielen Bürgern angekommen. Auch die Kölner haben in den letzten zwei Sommer geschwitzt. Das Gefühl, dass irgendetwas falsch läuft, ist nicht zu leugnen. Nun soll mit Hilfe von Dieselfahrverboten und anderen Maßnahmen die Notbremse gezogen werden. Viele Städte, auch Köln, haben den Klimanotstand ausgerufen. Doch in Sachen Klimaschutz gibt es in Köln schon länger einige „Pilotideen“, die einen zweiten Blick wert sind.

 

So entstand schon Ende der 80-ziger Jahren die „Ökosiedlung Blumenberg“. „Wir hatten den Klima-Wandel schon damals vorgedacht und Lehm als Außenwandkonstruktion mit Stroh gewählt, um der Klimaerwärmung Speichermasse entgegenzuhalten, die dann für kühleres Raumklima sorgt“, betont Architekt Reimund Stewen, der damals beteiligt war. 2007 folgte die autofreie Siedlung in Nippes, deren Bewohner mit ihrer Idee zumindest schon mal den klimaschonenden Verzicht auf das Auto vorleben. Und dann kam die Sanierung der Stegerwaldsiedlung in Mülheim - ein Projekt, welches in diesem Jahr fertiggestellt wurde und vom Land Nordrhein-Westfalen als 87. Klimaschutzsiedlung ausgezeichnet wurde. 689 Wohneinheiten der Kölner Siedlung aus den 1950er-Jahren wurde energetisch saniert. Die Energieerzeugungsanlagen wurden erneuert. Im Rahmen der Sanierung erhielten elf Gebäude ein neues Dachgeschoss - so wurden auch neue Wohnungen geschaffen und die Wohnfläche erweitert.

 

 

Blick zurück

 

Die Stegerwaldsiedlung war das erste große geschlossene Bauvorhaben der DEWOG (Deutsche Wohnungsbau Gesellschaft) und ist die frühste Großsiedlung Kölns nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie entstand im Zeitraum von 1951 bis 1956 und ihr Name erinnert an den christlichen Sozialpolitiker Adam Stegerwald. Die Siedlung war angelegt für sogenannte „breite Bevölkerungsschichten“. Viele Wohnungen waren „Volkswohnungen“, die von der Stadt Köln finanziert wurden. Seniorenwohnungen, ein Altenwohnheim, ein Wohnheim für Ledige, eine Kirche, ein Kindergarten und ein Bürgerzentrum wurden errichtet. Die Mieten betrugen im Jahr 1956 zwischen 19 und 47 Euro monatlich, das monatliche Durchschnittseinkommen lag damals zwischen 250 und 350 Euro. Noch 1993 wurde die Verwaltung damit beauftragt, für die Siedlung in eine sogenannte Erhaltungssatzung, Milieuschutz-Satzung, aufzustellen. Damit sollte die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung trotz möglicher Verdrängungstendenzen durch eine Aufwertung des rechtsrheinischen Kölns erhalten bleiben. Die Antwort auf die Frage, ob dies gelungen ist, wäre einen weiteren Blick wert.

 

 

Blick in die Siedlung

 

Beam me up, Scotty! – dieses geflügelte Wort aus der Science-Fiction-Serie Raumschiff Enterprise symbolisiert für viele Menschen eine Welt, in der Visionen zum ganz normalen Alltag gehören. Mal eben durch das Weltall beamen, das ist überhaupt kein Problem für Captain Kirk, Mister Spok und deren Kollegen. Um eine Großstadt in Zukunft und in Zeiten von Klimanotständen zu managen, braucht es ähnliche Visionen, wie die aus der Welt von Scotty. In der Stegerwaldsiedlung hat man versucht, in Sachen Mobilität zumindest ein wenig Höhenflug-Atmosphäre zu schaffen und so nebenbei auch das Klima zu schützen. Denn eine der Grundideen war es, vor Ort Strom zu erzeugen. Dieser soll unter anderem zum Laden von Elektrofahrzeugen und E-Bikes genutzt werden. Die stehen gemeinsam mit konventionellen Fahrrädern und Leihwagen an bestimmten zentralen Stellen, sogenannten „Mobilitäts-Hubs“ - so soll Parkplatzsuche und Autoverkehr minimiert werden. Eine CO2 Reduktion von 60 Prozent stand auf der ehrgeizigen Agenda von „GrowSmarter“. Das EU-Projekt begann 2015, neben Köln hatten sich Barcelona und Stockholm beteiligt. Für fünf Jahre gab es von der EU-Kommission eine Fördersumme in Höhe von 25 Millionen Euro.

 

„Entscheidend ist, dass in der Stadtverwaltung ein Umdenken stattfindet und der Mobilitätsgedanke, der hier entwickelt wird, auf die ganze Stadt übertragen werden kann“, betonte Dr. Barbara Möhlendick, Koordinationsstelle Klimaschutz, schon 2017 - keine Frage, die Siedlung ist ein Pilotprojekt. Wärmedämmung wurde an den Häusern vorgenommen. Die Anwohner sollten durch Einsatz modernster Sensortechnik zum Energiesparen motiviert werden. Mit Isolierung, Photovoltaik, Wärmepumpen, Batteriespeicher, aber auch Verhaltensänderungen der Bewohner sollte die Stegerwaldsiedlung eine Vorreiterfunktion übernehmen.

 

 

Blick auf die Mietpreise

     

„Es bleibt bei einer Durchschnittsmiete von sieben Euro“, versprach vor zwei Jahren Andre Esser, DEWOG, einigen Mietern, die sich zu einer Info-Veranstaltung mit ihm und anderen Projektverantwortlichen getroffen hatten. Doch wer sich heute für eine Neubauwohnung in der Siedlung interessiert, wird mit einer Kaltmiete von 12,50 Euro konfrontiert. Einige Anwohner kritisieren die Maßnahmen: „Was in der Stegerwaldsiedlung geschieht, geht sowohl wohnungs- wie auch sozialpolitisch völlig in die falsche Richtung“, so sieht es Roswitha Müller, eine Anwohnerin. CO2-armes Wohnen muss am Ende für alle bezahlbar werden – sonst wird es schwierig werden, aus den Visionen eine flächendeckende Wirklichkeit werden zu lassen.

 



Cologneo Areale im Mülheimer Süden

Klimafreundliche Quartiersentwicklung auf industriellen Brachflächen

Lageplan Mülheimer Süden. Illustration: Eva Rusch

von Eva Rusch

 

Im Mülheimer Süden wird ein neuer Stadtteil auf ehemaligen Industrieflächen u. a. der DEUTZ AG entstehen, in dem 10 0000 Menschen wohnen und arbeiten werden. Wir haben die CG Gruppe, eines der beiden großen dort tätigen Immobilienentwicklungsunternehmen gefragt, wie sie im Angesicht des Klimawandels operieren.

 

Welche Maßnahmen hat die CG Gruppe ergriffen im Bezug auf nachhaltiges und klimaneutrales Bauen?

Die CG Gruppe setzt bei ihren Projekten bundesweit auf die gesamte Bandbreite der Möglichkeiten von nachhaltigem und klimaneutralem Bauen. Dazu zählen die Ausstattung der Objekte mit CO2-neutralen Heizsystemen, die Verwendung umweltfreundlicher und ökologischer Materialien sowie der Betrieb der einzelnen Gebäude mit weniger Energie und Ressourcen.

 

Inwiefern wird das Wohnen und Arbeiten in den COLOGNEO Arealen unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz stehen?

Zukünftige Bewohner des Cologneo Quartiers profitieren von innovativen Mobilitätskonzepten in allen COLOGNEO-Arealen. Dazu gehört die Maxime kurze Wege zu schaffen: Neben den Büros und Arbeitsorten werden ein Angebot von Gütern des täglichen Bedarfs, Hotel, Hostel, eine Kita, kulturelle Einrichtungen und Restaurants innerhalb weniger Minuten im Umkreis fußläufig erreichbar sein. Eine hervorragende Anbindung an den öffentlichen Nah- und Fernverkehr runden das Konzept ab.

 

In punkto Ressourceneffizienz steht die nachhaltige Wärme- und Kältegewinnung im Vordergrund. Nicht zu vergessen: Die CG Gruppe achtet auf umweltfreundliche Baumaterialien. Wir bringen beispielsweise generell nur noch Fassaden mit hitzebeständiger Mineralwolle zur Wärmedämmung an und verwenden keine umweltschädlichen Stoffe.

     

Was ist das besondere an der Wärme- und Energieversorgung bei Ihnen?

Mit dem Einsatz von Green Technology setzen wir innerhalb des COLOGNEO Quartiers auch ökologisch neue Maßstäbe. Der Fokus liegt dabei auf erneuerbarer Energie und konkret auf Geothermie: Direkt unter diversen Baufeldern entsteht eine großflächige Geothermie-Anlage zur Energieversorgung einzelner Gebäude, so dass über 50 Prozent des Wärmebedarfes mit Geothermie gedeckt werden wird.

 

Die baldigen Bewohner und Nutzer erhalten eine ökologisch ausgerichtete Energieversorgung, die einen messbaren Beitrag zur Ressourcenschonung leistet und die CO2-Bilanz vor Ort nachhaltig verbessert. Der zusätzliche Einsatz von Photovoltaik komplettiert den regenerativen Energiemix im Quartier.

 

Wie steht es um Grünflächen und Verdunstungsflächen in den Arealen?

Auch im COLOGNEO Quartier realisieren wir ein Konzept zur Verringerung des urbanen „Hitzeinseleffekts“ durch mehr Grün- und Verdunstungsflächen und weniger versiegelte Flächen als in den bestehenden Industriearealen vorgefunden. Darüber hinaus entsteht eine parkähnliche Grünfläche im Cologneo II, die neben der erheblichen Schadstoffsenkung und damit positiven gesundheitlichen Wirkung auch wesentlich als Erholungs- und Freizeitfläche dient.

 

Wie behandeln Sie das Thema Mobilität im Bezug auf CO2-Emissionen?

Die CG Gruppe hat sich gegenüber der Stadt Köln freiwillig zu einem individuellen Mobilitätskonzept verpflichtet. Im COLOGNEO Quartier wird es daher intelligente Lösungen für Elektromobilität, aber auch herkömmliche mobile Angebote, in Form von Kooperationen mit Bike- und Car-Sharing Anbietern geben. Fahrradstellplätze für alle Fahrradformen so auch Lastenräder, sind im gesamten Quartier vorgesehen. In diesem Punkt geht die CG Gruppe über die in der zugrundeliegenden Stellplatzsatzung geforderte Anzahl an Stellplätzen sogar hinaus.


Zudem haben sich die Investoren des Mülheimer Südens zu einer Gemeinschaft zusammengeschlossen, der auch die CG Gruppe angehört, die die Stadt Köln und die Kölner Verkehrsbetriebe finanziell bei der Realisierung einer Stadtbahnerweiterung unterstützen, um den öffentlichen Personennahverkehr zu stärken. 



I/D Cologne

Nachhaltigkeit auf dem ehemaligen Güterbahnhof

Dieses begrünte Parkhaus (Visualisierung) wird voraussichtlich im August 2020 fertiggestellt. Die ersten beiden Bürogebäude folgen Ende 2020 mit dem „Haus am Platz“ und dem Design Offices Haus. Die Gesamtfertigstellung des Quartiers wird voraussichtlich i
Visualisierung: I/D Cologne

Dieses begrünte Parkhaus (Visualisierung) wird voraussichtlich im August 2020 fertiggestellt. Die ersten beiden Bürogebäude folgen Ende 2020 mit dem „Haus am Platz“ und dem Design Offices Haus. Die Gesamtfertigstellung des Quartiers wird voraussichtlich in 2026 sein. Ein weiterer Ankermieter ist, neben Design Offices und Siemens, die Firma Cancom, Spezialistin für IT und Digitalisierung.

von Judith Tausendfreund

Illustration: I/D Cologne 

 

In Mülheim-Nord wird der ehemalige Güterbahnhof zwischen Schanzen- und Markgrafenstraße als eines der größten Areale Kölns bebaut.

 

2018 wurde der Spatenstich durchgeführt und damit sowohl der Projektauftakt als auch der  erste Mieter gefeiert. „I/D Cologne“, angesiedelt auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs an der Schanzenstraße, will Identität und Individualität gleichermaßen berücksichtigen. 

 

Hinter der Idee stecken die Unternehmen Art-Invest Real Estate und OSMAB. Hinter Begriffen wie „flexible Office“ und „Coworking Spaces“ verstecken sich Büroflächen, die sich, neben einem Hotel, Gastronomie und einem Fitnessstudio, auf 160.000 Quadratmeter Fläche erstrecken und durchaus etwas zu bieten haben. 

 

So erhält jedes einzelne Gebäude ein Nachhaltigkeitszertifikat. 

Das Grünraumkonzept besteht aus Baum- und Heckenpflanzungen sowie ergänzend  Rasen- und Wasserflächen. Die Energiesparverordnung wird selbstverständlich beachtet – dies bedeutet in der Umsetzung zum Beispiel effiziente Fernwärmetechnik mit einem geringen Primärenergiefaktor und guter CO2-Bilanz. Die begrünte Parkhaus-Fassade und extensiv begrünte Dachflächen sehen nicht nur toll aus, sondern verbessern das Mikro-Klima. Viel Technik steckt in den Gebäuden, so gibt es etwa einen Präsenzmelder für Beleuchtung, so dass Licht nur bei aktiver Nutzung eingeschaltet ist. Mit intelligenter Licht- und Temperatursteuerung kann der CO2-Ausstoß minimiert werden. Das Konzept wird durch mineralische und haltbare Baustoffen wie Klinkersteinen abgerundet. 

 

I/D Cologne schließt die seit Jahren brachliegende Lücke zwischen Wohngebiet und Gewerbestandort. 


So soll es mal werden: Das I/D Cologne zwischen Schanzenstraße und Markgrafenstraße. Visualisierung: I/D Cologne
So soll es mal werden: Das I/D Cologne zwischen Schanzenstraße und Markgrafenstraße. Visualisierung: I/D Cologne

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