· 

Ideas for Cologne

Ehemaliger Güterbahnhof wird Zentrum für New Work

In kurzer Zeit wurden Bauten zwischen Markgrafenstraße und Schanzenstraße fertiggestellt. Der Schanzenplatz bildet das Herzstück des neuen Quartiers.
In kurzer Zeit wurden Bauten zwischen Markgrafenstraße und Schanzenstraße fertiggestellt. Der Schanzenplatz bildet das Herzstück des neuen Quartiers.

von Eva Rusch

Fotos: Eva Rusch

 

Zufrieden und auch ein wenig stolz blicken die beiden Immobilien-Projektentwickler Holger Kirchhof (Vorstandsmitglied Osmab Holding AG und Geschäftsführer der Art-Invest OSMAB Projekt GmbH) und Simon Weber (Art-Invest Real Estate) aus dem Fenster ihrer »Vermarktungslounge« im 7. Stock. Aus einem roten Bürogebäude an der Schanzenstraße gaben die beiden Auskunft über den Status des ID/Cologne vis à vis und die weiteren Planungen zum entstehenden Campus mit dem zentralen Treff »Am alten Güterplatz«. 

 

Blick zurück: Hervorgegangen ist die Planung des ID/Cologne Geländes aus einem städtebaulichen Werkstattverfahren 2015. Bereits zuvor schlossen sich OSMAB und Art-Invest zusammen, um sich für die Ansiedlung der ZURICH Versicherung zu bemühen. Der Versicherungskonzern entschied sich jedoch für die MesseCity Köln, das Joint Venture blieb bestehen und so entschloss man sich gemeinsam das zurzeit größte Bauvorhaben Kölns für Dienstleistungsimmobilien anzugehen. 

 

Holger Kirchhof ist seit Anfang an dabei: »Das ist einfach mein Baby.« Bereits 2013 kaufte die OSMAB das ehemalige Bahngelände von der Aurelis GmbH, einer Tochter der Bahn AG. Seitdem kümmert sich Holger Kirchhof um die Entwicklung des Standortes zwischen Markgrafenstraße und Schanzenstraße. 

 

Holger Kirchhof und Simon Weber blicken auf den Platz mit 3D-ID/Cologne Schriftzug.
Holger Kirchhof und Simon Weber blicken auf den Platz mit 3D-ID/Cologne Schriftzug.

Bürgerinitiativen heckten zuvor und gleichzeitig Pläne von Quartieren mit Wohnen und Arbeiten in verschiedenen Werkstattverfahren und Workshops aus. Höhepunkt des bürgerschaftlichen Engagements war die Gegenwehr gegen die vorgelegte ZURICH Planung: NO ZURICH. Das darauffolgende Werkstattverfahren rief 2015 Bürger*innen auf den Plan, die sich weiterhin für ein Mischgebiet von Wohnen und Arbeiten einsetzten. Die im Carlswerk ansässige Industrie (Drahtwerke), aber vermutlich auch die Eventlocations an der Schanzenstraße, wie Palladium und E-Werk, befürchteten eine Beeinträchtigung ihrer Geschäftstätigkeit. Es blieb bei einer rein gewerblichen Nutzungsbestimmung. Aus dem Werkstattverfahren, damals noch unter dem baukulturell ambitionierten Baudezernenten Franz-Josef Höing ausgeführt, ist die heute verwirklichte Planung »ID/Cologne« entstanden. 

 

Was die Bürgerinitiativen erst später realisierten: Das weitaus größere Gelände im Norden Mülheims erwarb die OSMAB/Art-Invest vom Stahlhändler Drösser, der dort ursprünglich sein Hochregallager geplant hatte. Die von Art-Invest/OSMAB vorgelegten Ideen zur Quartiersentwicklung sind sicherlich spannender als ein Hochregallager. Spricht man jedoch mit Studierenden, so wünschen sie sich bezahlbaren Wohnraum und sind mit ihrem Wunsch nicht alleine.

 

Simon Weber kennt die Planung aus dem Effeff. Er zeichnet für uns die bereits realisierten und geplanten Gebäude in die mitgebrachte Karte ein. Diese wird als Vorlage noch einmal eine Rolle spielen.

Ein Konflikt der Nutzungsbestimmung, der immer wieder aufkeimt, wenn man sich mit den Planungen an der Schanzenstraße beschäftigt. Denn das Gewerbegelände befindet sich zwischen gründerzeitlichen Wohnquartieren und ehemaligem Industriegebiet. Die Transformation vom Industrie- zum urbanen Dienstleistungsstandort ist in den letzten Jahrzehnten vorangetrieben worden. Damals war Wohnungsnot noch kein Thema. Nahezu im Stillen haben Pioniere wie Bernd Odenthal oder Gottfried Eggerbauer gründerzeitliche Industriegebäude zu hippen Büroadressen, Medienproduktionsstätten oder Eventlocations umgewandelt. Später kam die BEOS mit dem Carlswerk hinzu. 

 

Was die Entwickler*innen von ID/Cologne sicherlich auszeichnet, ist das Streben nach baulicher Qualität und Energieeffizienz (LEED-Zertifizierung mindestens Gold u.ä.) und ein Bemühen um Aufenthaltsqualitäten. Ein lebendiges urbanes Quartier soll entstehen, das auch die Anwohner*innen und Besucher*innen der Eventlocations nach Veranstaltungsende anziehen soll. Dafür lassen sich die Immobilienentwickler*innen einiges einfallen: Zwei große Plätze und kleinere Platzsituationen, immer wird Grün mitgeplant; darüberhinaus eine Pizzeria, ein Bäckerei Café. Über Asiatisches bis zum Brauhaus, welches sich Holger Kirchhof »selbst versprochen hat«, werden alle Wünsche erfüllt. Spannend ist die vor kurzem eröffnete Bar im grün verklinkerten Moxy Hotel (ein echter Hingucker), die an die Industriegeschichte des Ortes erinnern möchte.

 

Auch ist Sport ist wichtiges Thema im neuen Quartier. Ein modernes Sportstudio soll kommen und eine Joggingstrecke rund um den »Am Alten Güterplatz« wird angelegt. Dieser Platz erhält auch eine größere Wasserfläche mit Brunnen. Freuen dürfen sich die Zauneidechsen, deren Fortbestand durch ein 5 000 m2 großes Habitat im hohen Norden des Geländes gesichert ist. Wie die Bewohner*innen der angrenzenden Wohnquartiere den neuen Ort als Freizeitangebot annehmen werden, bleibt zu beobachten. Umgekehrt hat man den ein oder anderen Geschäftsmann schon im Rossmann auf der Berliner Straße gesehen. Beliebt bei Manager*innen und Student*innen ist der kleine ASIA HOANG auf der Berliner. Auch wurde eine Gesellschaft von Siemens Mitarbeiter*innen im Biergarten des Kulturbunker gesichtet, die ihr Business Lunch im mediterranen Café-Restaurant Toré abgehalten hat. 

 

Zu wünschen ist, dass der ehemalige Güterbahnhof seiner Scharnierfunktion für den Mülheimer Norden gerecht werden wird. Das hängt in erster Linie auch von den Menschen, die sich trauen, ihr eigenes Quartier einmal zu verlassen, um das andere zu entdecken, ab. Hierbei gilt auch, dass beide Quartiere etwas zu bieten haben für das jeweilig andere »Klientel« und keine Verdrängung, sondern Begegnung stattfindet.

 

> www.i-d.cologne

 


Modelbebauung auf dem ehemaligen Güterbahnhof Köln-Mülheim.
Modelbebauung auf dem ehemaligen Güterbahnhof Köln-Mülheim.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0