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MülHeiMin

Ein Heimatministerium für Mülheim

Foto: Eva Rusch
Foto: Eva Rusch

von Kenan Zöngör 

Fotos: Eva Rusch 

 

Horst Seehofer ist der inoffizielle Pate des Mülheimer Heimatministeriums. Sein Innenministerium soll Heimat im Titel tragen. Teils, um seinen gefühlten Niedergang zu verbrämen, teils, um die immer erfolgreicheren Rechtsradikalen aus dem Heimatdiskurs zu verdrängen. Tatsächlich ist Heimat in Deutschland zum Kampfbegriff der Rechten geworden. Die NPD nennt sich entsprechend „Heimatpartei“, die AFD hat hinsichtlich ihrer Abgrenzung nur Probleme, wenn es um Neonazis geht. 

 

„In dieser schwierigen Situation wollten wir den Innenminister nicht allein mit dem vorbelasteten Heimatbegriff lassen,“ meint Sevgi Demirkaya vom Kulturbunker Mülheim ironisch. Als Programmleiterin des Kulturzentrums hat sie das Konzept „Mülheimer Heimatministerium“ beim Land NRW eingereicht. Demnach trägt der Kulturbunker mit einem speziell entwickelten Programm zu einem diversen, lebenswerten Viertel bei. Das Land fördert das auf drei Jahre angelegte Programm, im Herbst 2018 begann die Umsetzung. 

 

Im ersten Jahr liegt der Schwerpunkt auf „Heimatgeschichte(n)“. Die jüngere deutsche Geschichte mit den sogenannten Gastarbeitern, Arbeitsmigranten aus Afrika und Asien und den Geflüchteten aus den Balkankriegen der 1990er wird erfahrbar. Mit Paneldiskussionen, Zeitzeugeninterviews und Ausstellungen können Mülheimer*innen wichtige historische Einflüsse auf Ihr Viertel nachvollziehen. Auch wird eine App entwickelt, die per „history walk“ zu Orten der Migrationsgeschichte im Viertel führt. 

 

Einiges hat bereits in den letzten Monaten stattgefunden: 

Das DOMID (Dokumentationszentrum für Migration in Deutschland) hat eigens eine Ausstellung kuratiert, die Alltagsgegenstände, Kultur und Kunst der sogenannten Gastarbeiter in Mülheim zeigte. 

 

Mit „Songs of Gastarbeiter“ haben die beiden Künstler Kullukcu und Ayata ihren europaweit gefeierten Multimediavortrag gezeigt, der die Musik der Einwanderer sicht- und hörbar gemacht hat. Da ein großer Teil dieser Musik in Köln, genauer Mülheim, ihren Ursprung hatte, waren bei der Aufführung Kölner Zeitzeugen und Stars dieser Musik zugegen. Begonnen hat auch die Reihe „Werkstattgespräche“, in der eingewanderte Mülheimer*innen ihre persönliche Migrationsgeschichte erzählen und mit dem Publikum ins Gespräch kommen. 

Sevgi Demirkaya ist Programmleiterin und Autorin des Konzepts MülHeiMin
Sevgi Demirkaya ist Programmleiterin und Autorin des Konzepts MülHeiMin

Im zweiten Jahr wird es um gegenwärtige Heimat gehen: „Heimat jetzt!“. Wie erklären Mülheimer*innen den Begriff? Was macht Heimat für sie aus, was fehlt? Gemeinsam mit dem Export-Import-Theater, Schulen und Experten fragt der Kulturbunker, wie es um Heimat in Mülheim bestellt ist. Ein besonderes Augenmerk soll auf die Überlagerung von Einwanderungsphasen in den 1960er und 70er Jahren und aktueller Migration und Flucht gelegt werden. 

 

Im dritten Jahr „Heimat, los!“ lobt der Kulturbunker „MSDSH“ aus: „Mülheim sucht die Superheimat“. Mülheimer*innen entwerfen mit Künstler*innen Visionen von Heimat und wie diese zu finden ist. 

 

In allen drei Jahren werden die Schwerpunkte durch flankierende Konzerte, Theaterstücke und Ausstellungen vertieft und ergänzt. „Orientiert haben wir uns mit dem Programm ‚Mülheimer Heimatministerium‘ am Herderschen Heimatbegriff: ‚Heimat ist, wo man sich nicht erklären muss.‘ Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass das Verlustgefühl, die tatsächliche und die gefühlte Ausgrenzung viel Energie binden. Daher möchten wir mit unserem Programm die Gemeinsamkeiten pflegen und die Unterschiede zum Glänzen bringen. Wenn sich alle Mülheimer*innen repräsentiert sehen und kulturell mitgestalten, kann unser Stadtteil Heimat bleiben, sein und werden. Für alle, die da sind, für alle, die noch kommen.“ 

 

Weitere Informationen zum Programm, die nächsten Termine und Möglichkeiten, mitzumachen, finden sich auf 

 

www.kulturbunker-heimat.de. 

>www.muelheimia.koeln/muelheimin 


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